Heinrich Klotz, der Postmodernemacher im DAM

Ein Museum feiert sein 30jähriges Bestehen. In Frankfurt am Main am überrraschender Weise „Museumsufer“ lautenden Standort steht es in der Reihe anderer kultureller Institutionen, die beinahe alle ein vergleichbar junges Alter haben. Die rund 15 Häuser verdanken ihre Existenz der Vision des schon legendären Kulturdezernenten der Stadt, Hilmar Hofmann, der sich allerdings auf ältere Vorschläge für diesen Standort berufen konnte. Dass die meisten von ihnen zur gegenüberliegenden Glitzertürmemeile der Bankencity blicken, verweist auf zweierlei: Einmal auf ihre selbstbewusste Gründung, die aus einem gerade erwachten kulturbürgerlichen Engagement resultierte, dann aber auch auf ihre zunehmende Abhängigkeit vom privaten Geld, das bei gleichzeitigem Versiegen öffentlicher Gelder dringender denn je benötigt wird.

Die Zeiten waren 1984 andere, hier wurde mehr über Gestaltung gestritten als über Finanzen. Jedenfalls, wenn man dem Tenor der Ausstellung Glauben schenken möchte, mit der das DAM seinen runden Geburtstag feiert. Und diese Feier zum Anlass nimmt, über seine Entstehungsgeschichte eine ganz neue Geschichte in die Welt zu setzen.

Neu insofern, als sie sich in wesentlichen Punkten auf die Aufzeichnungen des Gründungsdirektors des DAM, Heinrich Klotz, bezieht, die jetzt erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden. Die „Klotz-Tapes“, die leider nur noch in Abschriften vorliegen und in ihrer Bennung eigenartig an ein Stück von Beckett erinnern – und mit Blick auf ihren teils absurden Gestus Verwandschaften nicht leugnen – werden in der Ausstellung in vielerlei Hinsicht und auf zwei Ebenen des Ungers-Bau kommentiert, bebildert, ausgewertet. Im Zentrum stehen dabei die Gründungsgeschichte mit dem Ungers-Haus-im-Haus-Entwurf, die Postmoderne, wie sie sich schließlich auch in der Bankenstadt Frankfurt wiederfinden lässt (hierzu gibt es einen kleinen Architekturführer), die Wegbegleiter von Heinrich Klotz, die in einer einer Ahnengalerie vergleichbaren Präsentation in den Postmodernediskurs geholt werden oder die tatsächlich wunderbare Wunderkammer des DAM, in welcher viele der Dinge gezeigt werden, die zum Gründungsbestand des Museums gehören und die ihr damaliger Direktor auf zum Teil abenteuerlichen Wegen erworben hat.

Neben dem Museumsbau, der sich in dieser Ausstellung wie immer sonst auch von seiner problematischen wie zugleich kunstvoll gebändigten Seite zeigt, sind noch der Nachbau des Direktorenzimmers und – wunderbar – eine Diaschau mit den Fotografien zu sehen, die Klotz neben allen Tonbanddiktaten machen konnte von der internationalen Postmoderne u. a.

Wer nach Frankfurt reist um die Ausstellung zu sehen, sollte das mit dem Zug machen. Und hier, völlig unbeeindruckt vom nervigen Beharren eines Navigators, in den Klotz-Tapes lesen. Man würde, so atmosphärisch aufgeladen, die Ausstellung und ihre Gegenstände gleich mit anderen Augen betrachten, weniger mit dem Ernst des uninformierten Gebildeten, mehr mit der Lust an erzählter Geschichte, die nicht bloß für Frankfurt bis heute relevant ist sondern für die Architektur- und Kulturgeschichte der Republik insgesamt. Man würde die Gegenstände der Wunderkammer als alte Bekannte begrüßen und würde mit ihnen all die Namen dahinter erinnern. Und die teils skurilen Verhandlungen um die Stücke, die allein ein so umtriebiger Geist, wie Heinrich Klotz einer war, ins Werk setzen konnte. Und natürlich ergibt sich ein neuer Blick auf Oswalt Mathias Ungers und seine Entourage, auf die enge Verknüpfung von kuratorischem und architektonischem Schaffen, auf die Seelenzustände der Großen und der ganz Großen im Kultur- und Architekturgeschäft. Noch bis zum 19. Oktober mit umfangreichem Begleitprogramm, so unter anderem Exkursionen in die Postmoderne vor Ort. Be. K.

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